Der Gebrauchtwagenmarkt gilt traditionell als unübersichtlich, regional begrenzt und stark analog geprägt. Das Berliner Startup CarOnSale hat es sich zur Aufgabe gemacht, genau diese Strukturen aufzubrechen. Mit einer reinen B2B-Plattform und einer kürzlich abgeschlossenen Finanzierungsrunde zielt das Unternehmen darauf ab, zur zentralen Infrastruktur für den europäischen Fahrzeughandel zu werden.
Wer an den Kauf oder Verkauf von Gebrauchtwagen denkt, hat oft noch das Bild des lokalen Händlers und physischer Besichtigungen vor Augen. Doch im Hintergrund des Automobilmarktes vollzieht sich ein digitaler Wandel, der für Endkunden oft unsichtbar bleibt. Zwischen Flottenbetreibern, Leasinggesellschaften und Autohäusern werden täglich tausende Fahrzeuge gehandelt. Genau in dieser Schnittstelle positioniert sich CarOnSale. Das 2018 in Berlin gegründete Unternehmen verzichtet bewusst auf das Endkundengeschäft und konzentriert sich ausschließlich auf professionelle Akteure.
Vom lokalen Hof zum europäischen Marktplatz
Das Kernproblem, das CarOnSale adressiert, ist die Fragmentierung des Marktes. Während der Ankauf oft lokal erfolgt, sitzt der ideale Käufer für ein spezifisches Fahrzeugmodell möglicherweise am anderen Ende des Landes oder im europäischen Ausland. Die Plattform fungiert hier als digitales Bindeglied: Sie verbindet Einlieferer wie Autohäuser und Händlergruppen mit einem Netzwerk aus einkaufenden Händlern.
Dabei versteht sich das Startup nicht als Disruptor, der den klassischen Autohändler ersetzen will, sondern als Prozessbeschleuniger. Durch die Verlagerung des Handels auf eine digitale Auktionsplattform wird aus einem regionalen Angebot eine überregionale Nachfrage.

Standardisierung als Schlüssel zur Transparenz
Eine der größten Hürden im Online-Handel mit gebrauchten Fahrzeugen ist das Vertrauen in den Zustand der Ware. Da Käufer die Fahrzeuge vor dem Gebot nicht physisch begutachten können, ist die Datenqualität entscheidend. CarOnSale setzt hier auf standardisierte Fahrzeugberichte.
Verkäufer speisen ihre Fahrzeuge mit einheitlichen Daten und Bildern in das System ein. Diese strukturierte Erfassung ermöglicht es Kaufinteressenten, den Zustand und Wert eines Wagens verlässlich einzuschätzen, ohne vor Ort sein zu müssen. In zeitlich begrenzten Online-Auktionen werden die Preise dann marktüblich ermittelt. Dieser Prozess digitalisiert Schritte, die früher viel Zeit und manuelle Abstimmung erforderten: von der Fahrzeugerfassung über die Preisfindung bis hin zum Zuschlag.
Mehr als nur Matchmaking: Die operative Abwicklung
Die bloße Vermittlung von Fahrzeugen ist jedoch nur ein Teil der Wertschöpfungskette. Ein wesentlicher Aspekt des Geschäftsmodells ist die logistische und administrative Abwicklung nach der Auktion. Der B2B-Handel scheitert oft nicht am Preis, sondern an der Komplexität des Transports und der Zahlungsabwicklung – insbesondere bei grenzüberschreitenden Geschäften.
CarOnSale übernimmt daher auch die Rolle des Koordinators. Das Unternehmen organisiert den Fahrzeugtransfer und kümmert sich um die administrativen Prozesse zwischen Käufer und Verkäufer. Damit transformiert sich das Startup vom reinen Marktplatz zu einem Full-Service-Infrastrukturanbieter, der den Händlern operative Last abnimmt.

70 Millionen Euro für die europäische Expansion
Dass dieser Ansatz im Markt auf Resonanz stößt, zeigt nicht nur das operative Wachstum, sondern auch das Vertrauen der Investoren. In einer Series-C-Finanzierungsrunde konnte das Unternehmen rund 70 Millionen Euro einsammeln. Kapital, das primär in die technologische Weiterentwicklung und die geografische Expansion fließen soll.
Das Ziel ist klar definiert: Die Vereinheitlichung der Handelsprozesse in Europa. CarOnSale arbeitet daran, die noch immer stark manuell geprägten Abläufe im B2B-Segment durchgängig zu digitalisieren und so Effizienz und Reichweite für professionelle Autohändler gleichermaßen zu steigern.

