Das Skelett eines erwachsenen Menschen hat ungefähr 206 Knochen, rund die Hälfte davon sind in den Händen und Füßen. Knochen stabilisieren unseren Körper, geben uns Beweglichkeit und schützen unsere Organe. Nicht nur Chirurg*innen wissen allerdings: Knochen können von den unterschiedlichsten Problemen betroffen sein – Unfälle, Brüche, Entzündungen und Krebs sind einige der wichtigsten Bedrohungen. Wenn Knochendefekte auftreten, kommen häufig Implantate wie zum Beispiel Titan, Kobalt oder Chrom zum Einsatz. Das Problem: Diese Metalle sind Fremdkörper und sollen in der Regel durch neue Operationen entfernt werden, was neue Risiken und Kosten bedeutet.
An dieser Stelle setzt das dänische Start-up Particle3D an: Das Unternehmen hat einen neuen Ansatz entwickelt, um individuelle Knochen-Implantate im 3D-Drucker herzustellen. Diese Implantate sollen biologisch abbaubar sein und sich im Körper nach gewisser Zeit auflösen.
So funktioniert die Lösung von Particle3D
Der Ansatz des dänischen Unternehmens: Per Scan wird ein Computer-Modell des beschädigten Knochens erzeugt. Mit dieser Blaupause druckt Particle3D ein individuelles Implantat, das anschließend der jeweiligen Chirurgie zur Verfügung gestellt wird. Die Idee, Knochenmaterial per 3D-Drucker zu produzieren, ist nicht neu – in Deutschland forscht unter anderem das Fraunhofer Institut in diesem Bereich. Das Besondere bei Particle3D: Die Dänen nutzen als Material eine Art „Bio-Tinte“, die aus Tricalciumphosphat (TCP) und Fettsäuren besteht. Diese Verbindung kann nicht nur Knochen ersetzen, sondern sogar mit ihnen verwachsen. Im Laufe der Zeit werden die künstlichen Knochen-Implantate vom Körper abgebaut, sodass neue und „echte“ Knochen nachwachsen können.
Knochen-Implantate in ersten Versuchen erfolgreich
Bei Tests mit Schweinen und Mäusen funktionierte der neue Ansatz von Particle3D schon gut – bei den Tieren konnte beobachtet werden, dass binnen acht Wochen neues Knochenmark und neue Blutgewächse um die Knochen-Implantate entstanden, wie das Magazin WIRED berichtete. Ob das Material TCP auch für größere Menschenknochen (bspw. an der Hüfte) genutzt werden kann, bleibt abzuwarten – vor allem, da hier großes Gewicht auf den Implantaten lasten würde.
Noch kein medizinischer Einsatz bei Menschen möglich
Bis es dazu kommt, dass die ersten Menschen mit Knochen-Implantaten von Particle3D ausgestattet werden können, dauert es ohnehin noch – wie für neue medizinische Verfahren üblich, gibt es zunächst umfangreiche Tests und Verfahren, bevor die neue Technologie zugelassen wird. Thea Wulff Olesen, die Vorstandsvorsitzende des dänischen Start-ups, hofft laut WIRED auf einen Start im Jahr 2022. Dann könnten die künstlichen Knochen aus dem 3D-Drucker zunächst im Gesicht und Kiefer eingesetzt werden.
Von der Uni-Idee zum Profi-Unternehmen für Knochen-Implantate
Das Konzept hinter Particle3D begann 2012 mit den beiden damaligen Studenten Casper Slots und Martin Bonde Jensen und ihrem Professor Morten Østergaard Andersen von der Syddansk Universitet, der drittgrößten Universität Dänemarks. Gemeinsam forschten sie daran, wie Knochen-Implantate aus dem 3D-Drucker zum Knochenersatz genutzt werden könnten. 2017 gründeten sie die Firma Particle3D, die seitdem mehrfach ausgezeichnet wurde, u. a. als Best Danish Health Tech Startup 2019. Heute sind Slots und Jensen neben CEO Thea Wulff Olesen Teil des Management-Teams, ihr früherer Professor Andersen sitzt im Advisory Board des Unternehmens. Ob die dänische Firma mit ihrem Ansatz Erfolg hat, zeigt sich in den nächsten Jahren – aktuell ist Particle3D ein vielversprechendes Health-Start-up.
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