Ein neues Berliner Mobilitäts-Start-up will schaffen, was bislang kaum einem Anbieter gelang: Nachtzüge aus der nostalgischen Nische holen – und sie als echte Alternative zum Kurzstreckenflug etablieren. Nox, gegründet von Janek Smalla und Thibault Constant, kündigt für 2027 ein europaweites Nachtzugangebot mit einem durchdachten Versprechen an: volle Privatsphäre zum Preis eines Flugtickets.
Vom Schlafwagen zur Schlafkapsel?
Die Idee ist so simpel wie ambitioniert: Wer heute durch Europa reist, muss sich entweder für das Flugzeug entscheiden – schnell, günstig, aber wenig nachhaltig – oder sich im Nachtzug mit teuren Preisen und engen Abteilen mit Fremden arrangieren. Nox will genau diesen Komfortbruch überwinden und die Nachtreise neu denken. Geplant sind vollständig private Räume mit zwei Meter langen Betten, Sitzgelegenheiten, Tischen, Stauraum – und je nach Kategorie auch mit Doppelbetten und Panoramablick.
„Im Schlaf durch Europa zu reisen ist ein großartiges Konzept. Aber heute muss man sich das Abteil mit Fremden teilen, die Betten sind eng und es ist oft teurer als ein Flug. Das wollen wir ändern“, erklärt Mitgründer Thibault Constant, der unter dem Namen Simply Railway über eine halbe Million Follower auf YouTube und Instagram erreicht und mehr als 400 Nachtzugfahrten dokumentiert hat.
Mehr Effizienz, mehr Menschen, niedrigere Preise
Der operative Ansatz von Nox unterscheidet sich dabei grundlegend von bestehenden Nachtzuganbietern. Dank eines modularen, standardisierten Designs will das Start-up mehr Fahrgäste pro Wagen unterbringen – ohne Komforteinbußen, wie es betont. Gleichzeitig sollen ein digitalisierter Betrieb und effiziente Abläufe die Ticketpreise auf dem Niveau von Low-Cost-Flügen halten.
„Wir wollen nicht in der Romantik der Nachtzüge schwelgen, sondern ein skalierbares, verlässliches Produkt schaffen“, sagt Co-Gründer Janek Smalla. Er war zuvor beim Aufbau von FlixTrain beteiligt und leitete bis Ende 2024 das Deutschlandgeschäft des Mobilitätsdienstleisters Bolt. „Nur wenn Nachtzüge komfortabler und günstiger als das Flugzeug sind, werden sie zur echten Alternative“, so Smalla.
2027 als Startjahr – Finanzierung in Vorbereitung
Der Fahrplan ist ambitioniert. Bereits in zwei Jahren will Nox mit ersten Verbindungen starten – laut Unternehmensangaben auf über 35 Strecken in Europa. Erste Wagen seien bereits gesichert, das Innenraumdesign kurz vor Abschluss, eine große Finanzierungsrunde ist für Herbst 2025 geplant. Auf der Website noxmobility.com können Interessierte bereits Streckenvorschläge, Preise und Raumkonzepte einsehen oder sich für den kostenlosen „Early Bird Club“ registrieren.
Grünes Reisen ohne Komfortverzicht?
Die Idee von Nox kommt zur rechten Zeit. Angesichts wachsender Klimadebatten rund um den Flugverkehr suchen viele Reisende nach Alternativen – scheitern jedoch oft an fehlenden Angeboten oder unattraktiven Nachtzugverbindungen. Dass zwei Brancheninsider mit Kapitalmarkterfahrung, Social-Media-Reichweite und operativem Know-how dieses Feld nun systematisch angehen, dürfte Investoren und Politik gleichermaßen interessieren.
Noch ist offen, ob Nox sein ambitioniertes Produkt rechtzeitig auf die Schiene bringt – und wie etablierten Bahnunternehmen und staatliche Infrastrukturen auf den neuen Player reagieren. Klar ist jedoch: Der europäische Nachtzugmarkt bekommt einen Mitspieler, der nicht an vergangene Zeiten erinnert, sondern konsequent auf die Zukunft blickt.