Die wachsende Bevölkerung, eine steigende Lebenserwartung sowie ein höheres Einkommen sind die Hauptgründe für die weltweit steigende Nachfrage nach Fleisch. Doch die aktuelle Größenordnung der Fleischindustrie ist alles andere als nachhaltig.
Fleisch-Alternativen schießen daher aktuell nur so aus dem Boden. Schaut man sich jedoch die Zutatenlisten bei so manchen „veganen Wurstprodukten“ im Supermarkt genauer an, kommt Zweifel auf, ob das wirklich gesund ist. Lange Listen voller Zusatzstoffe, viel Soja und verklausulierte E-Stoffe.
Veganer Kebab und viele Millionen von Investoren
Dass es auch anders geht, zeigt das Food-Tech Startup Planted: Das Unternehmen stellt proteinreiches Fleisch aus Pflanzen her und arbeitet konsequent mit wenig ausgesuchten Zutaten. Das Konzept scheint aufzugehen. Das Startup sammelte bei Investoren bereits 40 Millionen Euro ein. Zu den Produkten, die jeweils aus verschiedenen Proteinquellen (Erbsen, Hafer, Sonnenblumen) bestehen, gehören derzeit planted.chicken, planted.pulled, planted.kebab und planted.schnitzel.
Unser Test: Das schmeckt!
Inspiriert von der Natur, will das Unternehmen mit dem sogenannten Biostructuring-Ansatz Pionierarbeit leisten. Die Technik kombiniert Proteinstrukturierung und Biotechnologie. Damit designt und entwickelt Planted alternative Proteine in jeder Größe, Form und Faserung. Das Ergebnis kann sich sehen und schmecken lassen. Der Autor dieses Textes konnte die Produkte probieren und war positiv überrascht. Der Geschmack kommt den Vorbild-Fleischprodukten sehr nah und die Konsistenz ist angenehm. Positiv fällt zudem auf: Viele Produkte haben tatsächlich nur 4 Zutaten, wobei Erbsenproteine den Hauptbestandteil bieten.
Die Planted Mission: Keine Zusatzstoffe
Die Gründer sind überzeugt, dass biostrukturierte pflanzliche Proteine in Zukunft tierisches Fleisch in Bezug auf Geschmack, Nachhaltigkeit, Gesundheit, Produktivität und Preis schlagen werden. Planted hat sich nicht weniger vorgenommen, als die Art und Weise, wie Fleisch wahrgenommen und konsumiert wird, global zu verändern. Darüber hinaus hat sich das Team dazu verpflichtet, für alle Produkte ausschließlich natürliche Zutaten zu verwenden und konsequent auf Zusatzstoffe zu verzichten.
Gegründet wurde Planted bereits 2019, nachdem Pascal Bieri 2017 beruflich in den USA tätig war und auf verschiedene Fleischersatzprodukte aufmerksam wurde, bei denen ihn jedoch die vielen Zusatzstoffe störten. Er holte seinen Cousin Lukas Böni ins Boot, der gerade dabei war, seinen Doktortitel in Lebensmittelverfahrenstechnik abzuschließen. Über einen Professor an der ETH Zürich kamen die beiden mit dem ETH-Doktoranden Eric Stirnemann zusammen, der mit dem Verfahren der Nassextrusion besonders vertraut war. Komplettiert wurde das Team durch Christoph Jenny, einen Finanzfachmann, der zu diesem Zeitpunkt bereits viel Erfahrung in der Gastronomie-Branche gesammelt hatte.
Interview mit Dr. Judith Wemmer, Chefentwicklerin bei Planted und Mitglied der Geschäftsleitung
Stimmt es, dass ihr anfangs nur an Gastronomen geliefert habt?
Planted hat in Deutschland aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht zuerst an Gastronomen geliefert, sondern ist direkt im Einzelhandel gestartet. Mittlerweile ist Planted in der Schweiz, in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und seit Kurzem auch in Großbritannien in Restaurants und im Einzelhandel sowie im eigenen Webshop erhältlich.
In all unseren Märkten konzentrieren wir uns auf die drei Kundengruppen Gastronomie, Einzelhandel und Webshop und verfügen über Teams, die sich speziell um diese kümmern.
Die Gastronomie ist sehr wichtig für uns, denn dort können Konsument:innen tolle Planted Gerichte zum ersten Mal probieren und so die Inspiration mitnehmen, Planted Produkte auch zu Hause in den Speiseplan zu integrieren. Als Partner für die Gastronomie sind wir auch aufgrund einer rasant steigenden Nachfrage von Konsument:innen nach nachhaltigen Gerichten zunehmend wichtiger. Ebenso merken wir seit einiger Zeit, dass auch mehr und mehr Betriebe und Restaurants ihre eigene Nachhaltigkeitsstrategie einbringen und kommunizieren. Für viele ist da ein Blick auf die Menükarte und nicht nur auf den Betrieb selbst ein wichtiger Ansatzpunkt. Im Vergleich zu Schweizer Hühnerbrust spart planted.™chicken beispielsweise 74 Prozent CO2e pro Kilogramm. Und da der Fleischkonsum zumindest in der Schweiz hauptsächlich außerhalb der eigenen vier Wände stattfindet, ist die Gastronomie hier wegweisend.
Die Zutatenliste „veganer Wurst“ im Supermarkt liest sich recht abenteuerlich. Warum ist das so und wieso kommt ihr mit teilweise nur 4 Zutaten aus?
Wir stören uns an den oft fragwürdigen Zutaten bei Fleischalternativen, denn Gesundheit und Nachhaltigkeit sehen für uns anders aus. Wir haben uns dazu verpflichtet, nur 100 Prozent natürliche Zutaten und keine Zusatzstoffe in unseren Produkten zu verwenden. So werden sie erst zu einer wirklich gesunden und besseren Alternative für alle. Unser planted.™chicken Produkt bspw. besteht nur aus vier Zutaten: Wasser, gelbe Erbsen, Rapsöl und Vitamin B12. Dies verdanken wir unter anderem unserem über 50 Personen starken Produktenwicklungsteam in Kemptthal und unserer Fermentationstechnologie, die für richtig viel Geschmack sorgt.
Kann man Planted heute schon in deutschen Supermärkten kaufen? Wenn ja, in welchen?
Ja, in Deutschland sind die Planted Produkte seit 2020 in ausgewählten EDEKA-Filialen erhältlich.
Was ist euer Ziel? Wollt ihr Fleisch überflüssig machen? Sollen Planted Produkte geschmacklich nah an das original Schnitzel herankommen oder einen ganz eigenen Geschmack haben?
Der Verzehr von mehr und mehr alternativen Proteinen anstelle von Fleisch tierischen Ursprungs kann nicht nur die negativen Auswirkungen der traditionellen Fleischindustrie auf unseren Planeten reduzieren, sondern kommt auch unserer eigenen Gesundheit zugute.
Wir stellen uns viele Fragen, unter anderem, wie es möglich ist, das Verständnis von Fleisch weltweit neu zu erfinden. Die wachsende Bevölkerung und eine steigende Lebenserwartung sowie höhere Einkommen sind Hauptgründe für die weltweit steigende Fleischnachfrage. Die aktuelle Größenordnung der Fleischindustrie ist jedoch alles andere als nachhaltig. Wir wollen das ändern und nichts weniger als eine Revolution der Nahrungsmittelindustrie erreichen. Viele von uns lieben den Biss und Geschmack von Fleisch, aber nicht mehr um jeden Preis. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit, unsere Umwelt und die Tiere zu schützen, wächst rapide. Und damit auch die Nachfrage nach Alternativen zu tierischen Proteinen.
Wir wollen Produkte erzeugen, die zwar sämtliche positive Eigenschaften von Fleisch wie Biss, Geschmack und Anwendung aufweisen, aber keine negativen Auswirkungen auf Umwelt, Tiere und Gesundheit haben. Unsere Produkte sollen besser sein als tierisches Fleisch.
Manche Medien bezeichnen euch als „Food-Tech-Start-up“. Wo ist der Tech-Anteil an eurem Unternehmen?
Inspiriert von der Natur leisten wir mit einem neuartigen Biostrukturierungsansatz, der Proteinstrukturierung und Biotechnologie kombiniert, Pionierarbeit. Mittels proprietärer Technologien designen und strukturieren wir alternative Proteine in jeder Größe, Form sowie Faserung und sind überzeugt, dass biostrukturierte Proteine in Zukunft tierisches Fleisch in Bezug auf Geschmack, Nachhaltigkeit, Gesundheit, Produktivität und Preis schlagen werden. Wir haben sehr schnell geistiges Eigentum rund um unseren Biostrukturierungsansatz aufgebaut – momentan stehen wir bei sieben Patenten.
Viele Start-ups versuchen sich an genau diesem Thema – warum seid gerade ihr so erfolgreich?
Die derzeitigen Technologien und Lösungen für pflanzliche Fleischalternativen sind nicht in der Lage, mehr als 2,5 Prozent des Fleischkonsums zu ersetzen, und haben daher nicht den erforderlichen Einfluss auf unser Ernährungssystem. Die Verbraucher:innen begründen dies mit mangelndem Geschmack, höheren Kosten und fragwürdigen Inhaltsstoffen. Damit Fleischesser:innen umsteigen, müssen wir pflanzliches Fleisch herstellen, das besser ist als Fleisch von Tieren – mit besserem Geschmack, gleichem Preis, geringerer Gesundheits- und Umweltbelastung sowie transparenten Inhaltsstoffen.
Wir bei Planted sind stolz darauf, hierzu unseren Beitrag zu leisten. Mit dem Biostrukturierungsansatz von Planted entwickeln wir Produkte, die von der Natur inspiriert und von der Nachfrage der Verbraucher:innen und der Technologie angetrieben werden. Unsere Produkte sind von Natur aus frei von unnatürlichen Inhaltsstoffen, effizient, hochgradig skalierbar und in der Lage, sich in das tägliche Leben der Verbraucher:innen sowie in die traditionellen Fleischlieferketten zu integrieren. Wir sehen Lebensmittel als starken Hebel zur Förderung der menschlichen Gesundheit und der Umweltstabilität und tragen mit unseren Produkten direkt zum Wandel hin zu einem gesunden und nachhaltigen Ernährungssystem für zehn Milliarden Menschen bis 2050 und darüber hinaus bei. All unserem Handeln liegt unsere Vision zugrunde: Wir wollen die Art und Weise, wie Fleisch und proteinreiche Lebensmittel weltweit konsumiert werden, revolutionieren
Habt ihr Zahlen parat, wie eure Umweltbilanz aussieht, im Vergleich zu den „echten“ fleischlichen Pendants?
Wir haben erst kürzlich eine tiefgreifende Analyse unserer Nachhaltigkeitsbemühungen durchgeführt. Unser planted.™chicken zum Beispiel spart 74 Prozent CO2e, 46 Prozent Wasser im Vergleich mit „echtem“ Hühnerfleisch und rettet so unzählige Tiere – mittlerweile haben wir mehr als eine halbe Million Tiere gerettet.
Für die Berechnung des CO2-Fussabdrucks wurde der gesamte Lebenszyklus unserer Produkte und der des tierischen Gegenparts bewertet. Der Name der Methode verrät es schon: Eaternity betrachtete unsere Produkte von der Wiege bis zur Bahre. Vom Anbau und der Ernte der Zutaten über die Verarbeitung und den Transport, den Energieverbrauch in unserer Produktionsstätte, die Lagerung und den Transport in die Geschäfte bis hin zur Entsorgung der Verpackungen – alles wurde berücksichtigt.
Wenn unsere Kund:innen wissen möchten, wie sich ihr persönlicher Lebensmittelkonsum auswirkt, finden sie unseren Rechner dafür hier.
Vielen Dank für das Gespräch.
Transparente Produktion
Das Startupstellt alle Produkte in einer Glashaus-Produktion am Schweizer Standort in Kemptthal her – es ist laut Aussage der Gründer die erste transparente Fleischproduktion, die der Öffentlichkeit zugänglich ist.
Planted ist in der Schweiz, in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und seit Kurzem auch in Großbritannien in Restaurants und im Einzelhandel erhältlich. Zudem liefert Planted über den eigenen Webshop europaweit.