Die Situation kennt fast jeder: Man landet an der Kasse mit einem Produkt ohne Scan-Code (etwa Obst oder Gemüse) und die Kassiererin muss eine spezielle Nummer dafür eintippen. Kennt sie die Nummer nicht, beginnt sie in einem Katalog zu blättern oder fragt eine Kollegin nebenan. Knowledge Hero will das deutlich vereinfachen.
Knowledge Hero bietet für das beschriebene Problem eine Software-as-a-Service (SaaS) Lernlösung namens easyPLU. Diese Lernanwendung adressiert explizit das erwähnte PLU-Nummernsystem.
Das PLU-Nummernsystem (Price Look-Up) wird für Produkte ohne Scan-Code, wie Obst und Gemüse, verwendet. Mitarbeitende müssen diese Nummern auswendig lernen, um sie an der Kasse schnell und korrekt eingeben zu können. Dies führt oft zu Fehlern, längeren Kassierzeiten und erhöhten Inventurverlusten. Hier setzt easyPLU an.
Mit easyPLU werden Mitarbeitende in die Lage versetzt, diese Produktnummern optimal und nachhaltig zu erlernen. Die Anwendung bietet smartes Lernen und spezifizierte Tests, die den Wissensstand der Mitarbeitenden kontinuierlich überwachen und verbessern. Ziel ist es, den Wissensstand über alle relevanten PLU-Nummern dauerhaft auf über 90% zu steigern. Dadurch werden Fehlerquoten minimiert und Folgekosten wie Inventurverluste und Abschriften reduziert. Zudem verkürzt sich die Zeit des Kassiervorgangs, was zu einem positiven Kundenerlebnis führt.
Wir haben mit Geschäftsführer Florian Sailer darüber gesprochen, wie er mit der Idee an einen großen Supermarkt herantrat und was die Herausforderungen des Startups sind.
Pitchtime! Beschreib doch die Geschäftsidee hinter Knowledge Hero in wenigen Sätzen und deine Rolle.
Unser Fokus bei Knowledge Hero liegt auf der Erstellung Software-as-a-Service (SaaS)-basierter Lernlösungen, maßgeschneidert für die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen mittelständischer und großer Unternehmen. Mit unseren Anwendungen wollen wir insbesondere die Mitarbeitenden in diesen Unternehmen dazu befähigen, sich notwendiges Wissen nachhaltig anzueignen. Als wir zum Beispiel erkannt haben, welche Auswirkungen das PLU-Nummernsystem auf den Alltag der Mitarbeitenden und auch auf die Inventur von Supermärkten hat, haben wir mit easyPLU eine Lern-Lösung für genau dieses Problem geschaffen.
Ich bin seit 2022 Geschäftsführer bei Knowledge Hero und so banal es klingen mag, aber meine Rolle ist es, die Geschäfte auch tatsächlich zu führen. Ich hebe das so hervor, weil ich es schon häufig erlebt habe, dass sich CEO´s in Klein-Klein verlieren und ihrer eigentlichen Rolle kaum mehr gerecht werden können. In einem Start-Up ist es schon so, dass Geschäftsführer:innen jede Perspektive auch mal einnehmen müssen.
Sprich, je nach Phase, ist man mal Buchhalter, mal Quality Assurance Manager oder auch Vertriebler. Wichtig ist, alle Prozesse zu kennen und diese zu bauen oder aber die richtige Person dafür ins Boot holen zu können. Letzteres ist umso wichtiger, da man vor allem für die Vision und Richtung verantwortlich ist und dem nur gerecht werden kann, wenn man nicht selbst im Chaos versinkt.
Flo, du hast 2003 zunächst einen Shop für BMX Teile gegründet. Wie sah sein Weg vom BMX in die Start-up-Szene bis hin zu Knowledge Hero aus?
Genau, der kunstform BMX Shop war meine erste unternehmerische Tätigkeit und wahrscheinlich auch meine intensivste Zeit als Verantwortlicher eines Unternehmens. Zu der Zeit gab es kaum eine aktive VC-Szene, von der man Geld einsammeln konnte und auch ganz generell wurde unsere Geschäftsidee eher belächelt als unterstützt. Entsprechend herausfordernd war es, das Ganze auf die Beine zu stellen. Ich kann mich noch gut an einen Banktermin erinnern (zu dem Zeitpunkt hatten wir bereits über 2 Mio Euro Umsatz) an dem der Bankberater nur meinte, er wisse gar nicht, wie wir es überhaupt an diesen Punkt schaffen konnten ohne fremde Hilfe. Insgesamt war es nicht nur unternehmerisch eine wilde Zeit.
Im Jahr 2015 bin ich dann dort ausgestiegen, um einfach auch mal neue Dinge kennenzulernen und mich thematisch weiterzuentwickeln. Ich habe ein paar Jahre eine Inhouse-Agentur geleitet und dort vor allem Marken aufgebaut sowie Saleschannels, wie Amazon etabliert. Im Anschluss habe ich mich im E-Commerce Bereich, meinem eigentlichen Steckenpferd, selbstständig gemacht und verschiedene Kund:innen betreut. Allerdings eher Hands-On und weniger Consulting.
Bereits während meiner Agenturzeit habe ich den Gründer von Knowledge Hero, Benjamin Ramspott, kennengelernt. Da ich es immer spannend finde, Prozesse von Grund auf zu gestalten und Dinge zum Wachsen zu bringen, habe ich die Herausforderung, als CEO bei Knowledge Hero einzusteigen, angenommen.
Man hört, dass ihr nichts davon haltet, in Startups wenig zu bezahlen. Warum seht ihr das so und wie setzt ihr das bei Knowledge Hero um?
Letzten Endes gibt es ja keinen parallelen Arbeitsmarkt nur für Start-ups, vielmehr bemühen sich alle Marktteilnehmer:innen (und somit auch die Big Player) darum, die passendsten Mitarbeitenden für sich zu gewinnen. Start-ups können sich dem nicht entziehen, daher müsst ihr euch als Start-up auch von Anfang an im Klaren darüber sein, wie ihr euch positionieren möchtet.
Wir wollen ganz klar als innovatives Start-up wahrgenommen werden, das gleichzeitig alles Machbare tut, um attraktive Gehälter und wirkliche Benefits zu bieten. Irgendwer hat auch mal gesagt (vermutlich in den 60ern): Wer mit Bananen bezahlt, darf sich nicht wundern, wenn er Affen erhält.
Euer System wird auch bei Lidl eingesetzt. Wie seid ihr mit der Schwarz-Gruppe ins Gespräch gekommen und welche Herausforderungen birgt die Zusammenarbeit als Start-up mit einem Großkonzern?
Unser Produkt easyPLU® ist bei Lidl in 7.600 Filialen im Einsatz und befindet sich weiterhin im internationalen Roll Out. Als wir das Problem des PLU-Nummernsystems erkannt haben, waren wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort und kamen dadurch sehr schnell mit Lidl ins Gespräch. Unser Glück war es, ein Problem identifiziert zu haben, für das bis dato noch niemand eine nachhaltige Lösung gefunden hatte.
Glück allein reicht aber natürlich nicht aus, es gehört im weiteren Verlauf auch Geschick dazu, um die Herausforderungen einer solchen Zusammenarbeit zu bewerkstelligen. Ein großer Teil dessen ist, ein tiefgründiges Verständnis der jeweiligen Unternehmensstruktur aufzubauen. In großen Konzernen ist oftmals eine Menge Politik im Spiel und die Entscheidungsprozesse sind langwierig und oft frustrierend.
Wichtig ist deshalb, Fürsprecher:innen im Unternehmen zu finden, sowie als Start-up explizit die eigenen Stärken einzusetzen. Das Wichtigste davon sollte immer die Geschwindigkeit sein. Denn Konzerne können, zumindest in der Theorie, grundsätzlich alles, was du als Start-up auch kannst, allerdings gelingt es ihnen eher selten, Kreativität und Geschwindigkeit zu vereinen. Genau das haben wir mit easyPLU bei der Schwarz-Gruppe geschafft. So focus on that!
Wie genau sieht EasyPLU aus und welches Problem löst es langfristig?
Mit easyPLU® versetzen wir Mitarbeitende in Supermärkten in die Lage, die Produktnummern (welche Sie beim Kassieren von Frischware wissen müssen) optimal und nachhaltig zu erlernen. Gleichzeitig verschafft es Verantwortlichen die Möglichkeit, den Wissensstand der Mitarbeitenden (bei Bedarf auch anonymisiert) zu kennen und entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Ein Großteil dieser Maßnahmen wird von unserer Anwendung bereits automatisiert vorgenommen, zum Beispiel durch smartes Learning und spezifizierte Tests. Tatsächlich können wir mit dem Einsatz von easyPLU® in relativ kurzer Zeit messbare Erfolge erzielen.
Unser Ziel ist es, den Wissensstand der Mitarbeitenden über alle für sie relevanten PLU-Nummern dauerhaft auf über 90% zu steigern. Denn: Je höher der Wissensstand, desto niedriger die Fehlerquote. Und je niedriger die Fehlerquote, desto geringer fallen Folgekosten aus (Inventurverluste, Abschriften, Probleme in der Autodispo). Auch die Zeit des Kassiervorgangs wird verringert, was natürlich zu einem positiven Kundenerlebnis führt. Siehe dazu gerne auch: https://knowledgehero.de/easy-plu#roicalculator.
Es klingt auf den ersten Blick umständlich, die Nummern zu lernen. Gibt es dafür keine technische Lösung Richtung RFID oder warum glaubt ihr, das System bleibt noch längerfristig erhalten?
Im ersten Moment erscheint einem das etwas seltsam, definitiv. Aber derzeit ist es einfach am effizientesten und wirtschaftlichsten, wenn Mitarbeitende die Nummern wissen. Jede technologische Lösung ist wesentlich aufwändiger, ist mit viel größeren Investitionskosten verbunden und bedarf zudem permanenter Wartung.
Gerade in großen Unternehmen ist die beste Lösung nicht immer die, die technisch machbar ist, sondern die, die am einfachsten zu handhaben und am günstigsten ist.
Dennoch ist es wahrscheinlich, dass das Problem in den kommenden 10 Jahren anders gelöst werden wird (vermutlich via KI-Lösungen). Wir wissen das und sehen easyPLU® als eine spezifische Lösung für eine bestimmte Branche und wollen darauf aufbauend weitere maßgeschneiderte Lösungen entwickeln und innerhalb unserer Plattform anbieten.
Was waren bisher eure größten Herausforderungen und wie finanziert ihr euch?
Die größte Herausforderung ist immer die, vor der man gerade steht. Im Moment ist das unsere Salesprozesse zu etablieren und erfolgreich zu gestalten. Dazu arbeiten wir mit externen Partner:innen zusammen und bauen auch ein internes Salesteam auf.
Wir sind von Tag 1 bootstrapped und haben keinerlei Finanzierung im Unternehmen.
Das hat natürlich Vorteile in Sachen Selbstbestimmtheit, aber eben auch Nachteile, wenn es darum geht, risikobehaftete Schritte zu wagen und Dinge ausreichend zu vertesten. Für uns ist die Fehlertoleranz einfach sehr gering, was uns aber auch immer wieder dazu zwingt, sehr detailliert voraus zu planen.
Welche Zukunftsvisionen verfolgt das Start-up, um im Einzelhandel, beispielsweise mit KI, den Fortschritt voranzutreiben?
Wenn es um KI geht, müssen wir uns immer zuerst die Frage stellen: Welchen Prozess kann ich damit tatsächlich besser gestalten bzw. wo ist das bereits vielleicht schon mit anderen technologischen Mitteln (ggf. besser) machbar? Smarte Algorithmen beispielsweise erscheinen mir manchmal der sinnvollere Weg. Dennoch gilt auch für uns, dass wir insbesondere im Bereich der Auswertungen mit Hilfe von KI einiges besser gestalten können.
Über unsere bisherige Anwendung hinaus haben wir natürlich einige Ideen für den Einsatz von KI im Zusammenhang mit Einzelhandel. Aber Ideen alleine sind kein Alleinstellungsmerkmal, wir müssen es auch schaffen, diese umzusetzen. Da kann ich aber gerade noch nicht mehr verraten.
Mit der Erfahrung eurer Gründung: Welchen Tipp gibst du GründerInnen mit auf den Weg?
Für mich extrem wichtig und vielleicht oftmals unterschätzt: Macht eure Buchhaltung von Tag eins an so lange wie möglich selbst. Nur wenn ihr eure Zahlen im Detail kennt, versteht ihr sie auch und könnt entsprechende Szenarien planen. Also bitte nicht gleich outsourcen, auch wenn es schwer fällt.