Ein Flugdrachen von SkySails zieht ein großes Schiff über das Meer

SkySails – diese Drachen können Schiffe ziehen

Handelsschiffe gehören zu den größten Luftverschmutzern der Welt. Ein mittelgroßes Schiff verbraucht bei voller Ladung 300 Tonnen Schweröl pro Tag. Der von der Benzingewinnung übrigbleibende Treibstoff ist 3.500-mal dreckiger als Dieselkraftstoff für Autos. Während andere Sektoren immer mehr unter Druck geraten, auf nachhaltige Energiequellen umzurüsten, reguliert Europa die Reedereien bisher nur wenig. Lange Zeit galt es daher als aussichtslos, alternative Antriebsquellen für die Schifffahrt zu erschließen. Davon ließ sich der Hamburger Stephan Wrage jedoch nicht abschrecken und gründete das Unternehmen SkySails. Er entwickelte einen Drachen, der die Kraft des Windes ausnutzt, um Frachter treibstoffschonender als bisher über die Weltmeere fahren zu lassen.

Ein SkySails Drachen fliegt über dem Meer und zieht ein Schiff
Die Sonne im Blick, der Drachen im Wind: SkySails will Schiffe mit Windenergie versorgen (Copyright: SkySails)

SO FUNKTIONIERT DER SKYSAILS-DRACHEN

Der Drachen (Kite) wird mit einem reißfesten Seil vor das Schiff gespannt und soll den Treibstoffverbrauch auf hoher See um 20 bis 40 % reduzieren. “Bei einem typischen Frachtschiff mit 190 Metern Länge und 50.000 Tonnen Fracht kann man so 5 bis 10 Tonnen Öl pro Tag einsparen”, so Stephan Wrage. Um den Wind in 200 bis 400 Metern Höhe gut auszunutzen, fliegt der Drachen Achterschleifen. Dabei wird er durch eine künstliche Intelligenz gesteuert. Grundsätzlich können die Kites bis zu 800 Meter hochsteigen. Sie werden zusammengefaltet mit Hilfe eines ausfahrbaren Mastes in die Höhe gehoben, wo dann der Flügel mit Ober- und Untersegel durch die einströmende Luft entfaltet wird. Koppelt man den Drachen ab, beginnt er das Schiff zu ziehen. Der Ansatz erinnert an die Technologie des französischen Unternehmens Kite Power Solutions, über das wir hier schon mal berichteten.

SkySails größtes Exemplar misst 400 Quadratmetern und erzeugt bis zu zwei Megawatt Antriebsleistung. Das Seil besteht aus Polyethylenfasern. Es ist feuchte- sowie UV- und chemikalienbeständig und  gleichzeitig 15-mal fester als Stahl. Derzeit sind mehr als 100 Schiffe auf den Weltmeeren unterwegs, die mit der SkySails-Technologie ausgestattet sind.

DRACHEN, DIE STROM ERZEUGEN

Die Drachen werden nicht nur auf Tankern und Frachtschiffen eingesetzt, sondern auch in Flugwindkraftanlagen. Hier wird die Zugkraft dazu genutzt, einen Generator am Boden anzutreiben, der aus ihr Strom erzeugt. Wenn das Seil seine maximale Länge erreicht hat, lenkt der Autopilot den Kite in eine neutrale Position mit geringem Auftrieb. Der Generator fungiert nun als Motor und zieht das Seil ein. Dabei verbraucht er nur einen Bruchteil der während der Arbeitsphase erzeugten Energie. Dieser Vorgang wird in einer Höhe zwischen 200 bis 400 Metern kontinuierlich wiederholt. Schon ab einer Höhe von 400 Metern, so Wrage, generiert der Kite mehr als doppelt so viel Strom je Quadratmeter wie konventionelle Windgeneratoren. Die erzeugte Energie kann in das Netz eingespeist, in Batterien gespeichert oder vor Ort verbraucht werden. Aktuell gibt es in Deutschland eine Pilotanlage, die in Schleswig-Holstein steht. Im kommenden Jahr werden die ersten kommerziellen Windkraftanlagen an Referenzkunden ausgeliefert, darunter die erste nach Mauritius. Der gewonnene Strom soll dann in das lokale Stromnetz eingespeist werden.

Da sich diese Technologie bestens für den Offshore-Einsatz eignet, wird in den kommenden 12 Monaten eine passende Vorrichtung dazu entwickelt. Großdrachen sollen auf Schwimmbojen eingesetzt werden, um so auf Übersee den Wind einfangen zu können. Der Strom wird über das Halteseil zur Bodenstation geleitet. Nähert sich ein Flugzeug oder droht ein Gewitter, senkt sich der Drachen automatisch auf eine unkritische Höhe ab. Durch die bunten Farben sind die Drachen für Vögel besser ersichtlich. Somit sind sie tierfreundlicher als konventionelle Windräder. “Am ehesten konnten wir beobachten, dass sich Vögel auf das Seil setzen und sich dort ausruhen“, erklärt Gründer Wrage.

Eine Visualisierung mehrerer SkySails Drachen, die Strom am Land und auf dem Wasser erzeugen
So könnte die Stromversorgung mit SkySails-Drachen zu Lande und auf dem Wasser in Zukunft aussehen (Copyright: SkySails)

SKYSAILS NACH EINER FLAUTE IM AUFWIND

Auch, wenn die SkySails-Technologie sehr fortschrittlich und zeitgemäß zu sein scheint, stand das Unternehmen in der Vergangenheit kurz vor dem Aus. Stephan Wrage drohte aufgrund des niedrigen Ölpreises und der fehlenden Innovationsbereitschaft der Reedereien mit seinem Projekt zu scheitern. SkySails aber gab seine Idee, dem globalen Klimawandel etwas entgegenzusetzen, nicht auf. Das aktuelle Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der Gesellschaft kommt dem Unternehmen sehr entgegen: „Wir können jederzeit liefern. Wie schnell sich das System durchsetzt, liegt jetzt ein Stück weit auch an den politischen Rahmenbedingungen. Das Interesse im Markt ist jedenfalls sehr groß.”

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